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Tauglichkeit und Grundgesetz
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toolowterrain
Bruchpilot
Bruchpilot


Anmeldungsdatum: 29.10.2009
Beiträge: 10

BeitragVerfasst am: Do Okt 29, 2009 1:28 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Domte,

1. Zum Thema Flugtauglichkeit gibt es seit Gründung der BRD sehr wenig Rechtsprechung, also sehr wenig Fälle, die vor Gericht kommen. Warum? Von der Flugtauglichkeitsregelung sind meist junge Menschen vor ihrer Berufswahl betroffen, die weder Geld noch Zeit haben, eine Klageverfahren durchzuziehen. Der zweite Grund mag in den ungewissen Erfolgsaussichten liegen; allerdings haben schon wesentlich geringere Eingriffe in Grundrechte beim Bundesverfassungsgericht zum Erfolg geführt (z.B. Pendlerpauschale etc.). Es müsste nur jemand den Anfang machen. Ich würde es evtl. tun; "leider" bin ich mittlerweile aber Class I tauglich.

2. Das Problem ist bei den Piloten schon fast ein traditionelles: jeder kleine Naturschutzverein hat eine bessere Lobby und Klageverhalten als die Piloten.

3.
Zitat:
Aber nun mal ganz ehrlich wenn ein Unternehmen nicht unerheblich finanzielle Mittel in die Ausbildung eines Auszubildenen investiert, im Falle der Lufthansa circa 120K, dann sollte es auch die gesundheitlichen Rahmenbedingungen stecken dürfen.

Das mag deine Meinung sein, das sieht der Gesetzgeber aber anders. Der große Unterschied zum DLR Test ist doch, dass grundsätzlich jeder die Chance hat, den zu bestehen (subjektives Kriterium). Bei Dioptrien gibt es diese Chance nicht. Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz hat eben den Sinn, auch im Zivilrecht, das heißt unter Bürgern, eine gewisse zwangsweise Tolerierung einzuführen, zu der sonst nur der Staat verpflichtet wäre. Das gilt auch für die Lufthansa. Ob das nun schön ist oder nicht, ist eine andere Frage; jedenfalls ist das AGG insoweit eindeutig.
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DuoDriver
Senior First Officer
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Anmeldungsdatum: 24.10.2006
Beiträge: 58

BeitragVerfasst am: Do Okt 29, 2009 6:10 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Herr Kollege Wink

guckst du bei Prof. Dr. Elmar Giemulla im LuftVG-Kommentar. Richtig, das Tauglichkeitszeugnis selbst ist kein angreifbarer VA, hab ich aber auch nicht gesagt. Der AME/AMC macht aber eine Meldung an das LBA: Daraufhin kommt ein Bescheid über deine Untauglichkeit. Dieser ist VA und mit Verwaltungsakt angreifbar. Ich denke eine Feststellungsklage wäre damit subsidiär.

Auch wenn ich deine Ausführungen zu Art. 12 genauso sehe, bin ich aber die Erfolgsaussichten betreffend eher pessimistisch eingestellt (vielleicht weil ich auch bereits das Referendariat im Dez. hinter mir habe und mittlerweile auch die praktische Seite des Rechts kennenlernen durfte).

Es gibt zwar auf der einen Seite viele gute Argumente gegen die Dioptriengrenze, aber letztendlich wird das Gemeinwohl meistens überwiegen und kein Richter wird die Verantwortung mit allen Kosequenzen tragen wollen.
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toolowterrain
Bruchpilot
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Anmeldungsdatum: 29.10.2009
Beiträge: 10

BeitragVerfasst am: Fr Okt 30, 2009 2:16 am    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Herr Kollege,

danke für deine Erläuterungen.

Was hälst du eigentlich von meinen AGG-Ausführungen bzgl. Lufthansa? Ich muss zugeben, dass AGG nicht so mein Gebiet ist. Hast du diesbezüglich Praxiserfahrung?

Grüße
Chris
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EDML
Moderator
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Anmeldungsdatum: 19.09.2007
Beiträge: 4193

BeitragVerfasst am: Fr Okt 30, 2009 3:05 am    Titel: Antworten mit Zitat

Bei der LH kommt natürlich noch eine andere Sache dazu: Es handelt sich ja nicht um eine reine Anstellung sondern um eine, von der LH finanzierte, vergleichsweise teure Ausbildung.

Hierdurch spielt bei einer Güterabwägung natürlich auch das finanzielle Risiko für den Arbeitgeber eine erhebliche Rolle. Wenn also die LH sich auf den Standpunkt stellt, wir brauchen eine große Sicherheit, daß der Bewerber auch nach 10 Jahren noch für uns arbeiten kann, ist das kaum angreifbar - zumal sie sich ja auf den Standpunkt stellen kann, daß die Anforderungen der LH bis vor kurzem noch der allgemeine Standard in Europa und auch Deutschland waren - also nicht willkürlich festgesetzt wurden.

Ansonsten denke ich auch, daß auf Grund des extremen Risikos für die Allgemeinheit (im Falle eines Unfalls sind schließlich schlimmstenfalls mehrere 1000 Tote denkbar (!)) kein Richter die JAR Regeln anzweifeln wird. - Vor allem, da diese Regeln von den ranghöchsten Gutachtern / Flugmedizinern Europas definiert wurden.

Es hat übrigens durchaus schon einige Gerichtsverfahren zum Thema Tauglichkeit insbesondere nach JAR in Deutschland gegeben. Diese spielten sich allerdings auf der Ebene der Verwaltungsgerichte ab:

Es gab beispielsweise ein interessantes Verfahren wegen eines Übersetzungsfehlers in der ersten deutschen JAR Implementierung. In der deutschen Version war 3D Sehen gefordert, das im original JAR Entwurf explizit nicht enthalten war. Nach mehreren Jahren (!) hat der Kläger dieses Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gewonnen. Es war aber extrem langwierig, mit mehreren Gutachten etc. obwohl nach 10min Lesen ersichtlich war, daß es sich um einen Übersetzungsfehler handelte.

In der neuen deutschen JAR ist diese Forderung auch nicht mehr enthalten. Man war auf Seiten des LBA auch wesentlich vorsichtiger und hat mehrere AMCs in den Übersetzungsprozess einbezogen.

Gruß, Marcus
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N48340
NFFler
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Anmeldungsdatum: 04.11.2007
Beiträge: 26

BeitragVerfasst am: Mo Nov 23, 2009 7:58 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

nachdem ich Eure Beitraege mit grossem Interesse gelesen habe, moechte ich nun auch gerne etwas loswerden.

Ich habe auf beiden Augen -4,75 Dioptrien und hatte meinen Wunsch Pilotin zu werden bereits aufgegeben. Umso gluecklicher war ich, als ich erfuhr, dass sich per 01.07.2007 die augenaerztlichen Bestimmungen fuer Flugtauglichkeit aenderten. Sofort setzte ich alle Hebel in Bewegung und koordinierte einen Termin beim AMC fuer meine Erstuntersuchung, Gesagt, getan: Kurz darauf hielt ich uebergluecklich mein Medical Klasse 1 in den Haenden.

Danach nahm alles seinen geplanten Lauf: ich meldete mich an einer Flugschule an und bin nun seit kurzem mit der Ausbildung fertig und auf Jobsuche.

Bei meiner Jobsuche habe ich jetzt allerdings ziemliche enttaeuschende Erfahrungen machen muessen:
Obwohl viele Airlines in Ihren Anforderungsprofilen nur nach einem gueltigen Medical Klasse 1 fragten, stellte sich spaeter heraus, dass sie hinsichtlich der Kurzsichtigkeit doch restriktivere Anforderungen haben. So fordern Condor, LH Cityline und Swiss zum Beispiel, dass die Kurzsichtigkeit nicht mehr als -5 Dioptrien betragen darf. Da frage ich mich natuerlich: Wieso schreiben die das denn nicht gleich mit ins Anforderungsprofil? Wenn dort steht, dass ein gueltiges Medical 1 gefordert wird, bewerbe ich mich natuerlich. Woher soll ich auch wissen, dass in Wirklichkeit ein gueltiges Medical mit max. -5 Dioptrien gemeint ist???

Mir war damals, als ich mich fuer diese teure Ausbildung entschloss, bereits bewusst, dass ich mit meiner Kurzsichtigkeit niemals bei Lufthansa arbeiten wuerde, da dort an der 3 Dioptrien-Grenze festgehalten wird. Das war bzw. ist auch ok fuer mich.
Aber nun fallen immer mehr moegliche Arbeitgeber raus, da sie sich nicht an die gesetzliche Grenze von -6 Dioptrien halten sondern ihre eigenen Grenzen ziehen.

Ihr koennt Euch sicherlich vorstellen, dass ich im Moment ziemlich traurig und frustriert bin. Um ehrlich zu sein bin ich sogar voellig ratlos. Wofuer gibt es diese -6 Dioptrien in der JAR FCL ueberhaupt, wenn die Airlines sich nicht dran halten?

Ich versteh dieses ganze Theater hier in Deutschland bzw in Europa nicht. Wie ihr schon ausfuehrlich berichtet habt, ist es in Amerika laengst Schnee von gestern an der Kurz-oder Weitsichtigkeit die Tauglichkeit eines Piloten festzumachen. So lange man mit Sehhilfe auf 100% Sehkraft kommt ist alles in Ordnung. Eine leicht nachvollziehbare und unkomplizierte Loesung.

In Deutschland wird ja argumentiert, dass mit ansteigender Kurzsichtgkeit eine Abloesung der Netzhaut erfolgen kann und aus diesem Grund sei eine Dioptriengrenze notwendig. Nun bin ich natuerlich keine Augenarzt, aber wie gross ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass so ein Fall eintrifft??? Sie kann doch nur winzig klein sein, sonst haette man in Amerika diese Dioptriengrenze ja nicht abgeschafft, oder?!

Wisst ihr eigentlich, wie andere Airlines in Europa das Thema Kurzsichtigkeit behandeln? Wird dort nur ein gueltiges Medical 1 gefordert oder gibt es auch strengere Dioptriengrenzen?
Kennt ihr vielleicht sogar ein paar Airlines/ Luftfahrtunternehmen in Deutschland, die WIRKLICH nur ein Medical 1 fordern?

Viele Gruesse
_________________
Always happy landings Cool


Zuletzt bearbeitet von N48340 am So Apr 18, 2010 5:41 pm, insgesamt einmal bearbeitet
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EDML
Moderator
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Anmeldungsdatum: 19.09.2007
Beiträge: 4193

BeitragVerfasst am: Mo Nov 23, 2009 8:41 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für diesen Beitrag - auch wenn die Situation für Dich höchst unerfreulich ist Sad

Diese Konstellation existiert nicht nur in Europa. In den USA oder Australien ist das Problem das gleiche - man hat zwar u.U. ein Medical aber bekommt keinen Job.

So gesehen sind lockere gesetzliche Bedingungen für den Bewerber auch nicht immer von Vorteil.

Gruß, Marcus
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toolowterrain
Bruchpilot
Bruchpilot


Anmeldungsdatum: 29.10.2009
Beiträge: 10

BeitragVerfasst am: Di Nov 24, 2009 6:06 pm    Titel: Re Antworten mit Zitat

Hallo N48340,

wie ich oben schon ausgeführt habe, halte ich als studierter Jurist die Anforderungsprofile der Airlines bzgl. der Dioptrien für nicht vereinbar mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG); völlig unabhängig davon, ob die Airline in dich investiert (Ausbildung, etc.) oder nicht. Schließlich investiert so gut wie jeder Arbeitgeber auch viel in Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeiter. Man könnte zwar der Ansicht sein, der Arbeitgeber dürfe - zumindest wenn er viel investiert - seine Mitarbeiter auch von objektiven Kriterien abhängig einstellen. Aber genau dagegen richtet sich aber gerade doch das neue AGG!

Letztlich würde ich, sollte sich wirklich kein Arbeitsplatz finden lassen und du nur aufgrund deiner Dioptrien keine Anstellung bekommst, einen Rechtsanwalt (möglichst Arbeitsrecht) einschalten.

Viele Grüße
Chris
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TopPoint
Bruchpilot
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Anmeldungsdatum: 26.10.2009
Beiträge: 6

BeitragVerfasst am: Mi Nov 25, 2009 12:01 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Die Gesamtinzidenz (Neuerkrankungen pro Jahr) beträgt etwa 1 pro 10.000 Menschen, bei Linsenlosigkeit steigt das Risiko auf 1-2%. Genaue Zahlen zur relativen Risikoerhöhung bei starker Kurzsichtigkeit konnte ich in der Primärliteratur nicht finden :/

LG
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