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FQ 12./13. Oktober ausführlicher Bericht
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88elchomator88
Captain
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Anmeldungsdatum: 11.04.2009
Beiträge: 115

BeitragVerfasst am: Di Jan 12, 2010 11:54 am    Titel: FQ 12./13. Oktober ausführlicher Bericht Antworten mit Zitat

So, nachdem ich jetzt entschieden habe, dass ich über meine Ausbildung einen Blog schreiben will, hab ich meine Erfahrungen bei der FQ auch in einen Bericht verwurstet. Wer ihn sich antun will: Voilà!

Qualifiziert für die Firma…oder auch: Die Kür

Letztendlich kam der große Tag doch schneller als gedacht. Gerade eben noch war der 12. Oktober noch ewig weit weg…dann noch einen ganzen Monat…und dann schließlich saß ich im Flieger von München nach Hamburg. Lufthansa, versteht sich. Aber was, wenn ich nicht bestehen sollte? Oh mein Gott, der Rückflug wäre ein Alptraum! Bringt das kein Unglück, mit Lufthansa zu fliegen? Werd ich jetzt noch wegen eines Einstellungstests abergläubisch? Sollte ich nicht in das gleiche Hotel wie für die BU? Obwohl das so sch…teuer war?

Solche Gedanken beschäftigten mich in der Zeit nach dem Lernen (ich hab bis etwa eine Woche vorher Konzerndaten, Flotte, usw. gepaukt und dann beschlossen, dass es mal reicht!) vor dem erneuten Antreten in der Sportallee. Noch dazu kam die Einstellung, dass es keine Schande wäre, rauszufliegen…ich redete mir immer wieder ein, dass ich eh nicht bestehen würde. So würde ich nicht so enttäuscht sein, falls es wirklich so kommen sollte. BU war Pflicht, jetzt kommt die Kür.

Um vor der „Kür“ die Mitstreiter kennenzulernen, wurde über das Pilotenboard ein Treffen in der Hotellobby vom Ibis vereinbart. Am Vorabend lümmelten dann also 4 junge Männer aus allen Ecken Deutschlands (und der Schweiz) zuerst im Hoteleingang und dann in einer nahegelegenen Pizzeria rum und versicherten sich immer wieder gegenseitig, nicht nervös zu sein, und dass ein Durchfallen kein Weltuntergang ist. In einem Fall stimmte das: Michael hatte schon die Zusage von der Swiss und wir waren alle neidisch drauf, dass er total entspannt an das Ganze rangehen konnte. Der Glückliche! Dann wurde noch der Plan geschmiedet, ins Miniaturwunderland zu gehen, falls wir schon am nächsten Abend unseren LH-Traum schon ausgeträumt haben sollten

Tag 1: Standpunkte

Nach einer fast schlaflosen Nacht zwang ich mich dann ein bißchen zu frühstücken… Normalerweise nimmt mir nichts und niemand meinen Appetit aufs Frühstück, aber irgendwie war ich doch so nervös, dass ich nicht viel runterbrachte. Noch ein bißchen Smalltalk am Tisch mit den anderen, dann in Schale schmeißen und ab in den Shuttle-Bus!

Dieses Mal fand ich direkt den richtigen Raum (wir waren auch zu viert, da wäre es schon peinlich gewesen sich zu verlaufen!) und traf zum ersten Mal den Rest der Leute, mit denen ich die nächsten (hoffentlich) zwei Tage verbringen sollte. Alle schick und schick nervös. Zwei Mädels waren dabei. Wir wurden dann vom Warteraum in ein Zimmer gebeten, wo uns Namensschildchen unsere Plätze zuwiesen. Und vorne, im feinen blauen Anzug-war das der Kapitän? Der lächelt so entspannt…und stellt sich schließlich als derjenige vor, der die Schablone dabei hat, die ihm die Lufthansa vorgibt. Wirklich, der Auswahlkapitän. Noch ein bißchen Vorgeplänkel vom Psychologen, dass wir wir selbst sein sollen, weil alles andere wird eh durchschaut (stimmt), dass Vorbereitung eh nix bringt (würd ich so nicht unterschreiben) und dass sie keinen „perfekten Menschen“ wollen (stimmt wieder). Das Gleiche nochmal von Lufthansa-Seite mit einer Motivationsspritze in Form einer Anekdote aus dem Alltag von unserem 747-Kapitän und dann wurden die 10 Leute in zwei 5er-Gruppen aufgeteilt. Die einen durften gleich ans Gruppenspiel.

Für mich gings mit vier anderen in die DCT-Einweisung bei einer sehr netten jungen Psychologin. Das Ganze war zwar vom Band und eigentlich eh schon bekannt, aber besser als gleich ins Gruppenspiel. Und gleich danach das, was eigentlich die Hauptbeschäftigung sein sollte die nächsten Tage: Warten. Aus dem Fenster gucken. Neue Leute kennen lernen und sich ein bißchen gegenseitig die Nervosität nehmen.

Als dann die andere Hälfte wieder zu uns stieß kam man sich schon ein bißchen blöd vor, dass man bisher noch nicht viel geleistet hatte obwohl bald mittag war und die anderen schon angeregt diskutieren konnten wie es gelaufen ist. Doch um zu verhindern, dass dieses Gefühl überhand nehmen konnte, wurden wir 5 aufgerufen zum Gruppenspiel. Inhalt ist ja geheim, aber soviel: zusammenarbeiten war angesagt! Dabei aber auch nicht die eigenen Interessen aus den Augen verlieren! Vom Gefühl her lief es ganz gut, wir arbeiteten als Team zusammen und jeder kam zu seinen Zielen. Wir hatten sogar eine kleine Pause, als einer von uns mal ganz dringend aufs Klo musste! Der Arme war dann danach ganz am Boden und sah schon alles den Bach runtergehen, dabei hatte er sich echt ganz gut verkauft, als er gesagt hat, er müsse mal ganz dringend raus! Zeugt von Selbstbewusstsein, fand ich. Zum Schluss noch eine Selbstbewertung in einem BlackBerry-ählichen Gerät und dann wieder…

Warten. Wenigstens hatte man dieses Mal ein vernünftiges Gesprächsthema. Und die, die im Warteraum geblieben waren, waren natürlich total scharf drauf zu wissen, warum einer einfach mal zwischendrin rauskommt. Der Wasserspender und die Toilette wurden oft frequentiert; aber die Palme darf man selbstverständlich an der Stelle auch nicht vergessen! Was die schon alles gesehen hat da in dem Warteraum…

Nach einer gefühlten Ewigkeit gings dann los mit DCT. Wir hatten vorher schon die wildesten Systeme überlegt wer mit wem spielen sollte, aber es kam dann doch alles ganz anders. Ich kam mit Michael (der von der Swiss, den ich am Abend davor schon kennengelernt hatte) und es lief echt super! Einmal vergaß ich die Werte für die Straßen, aber aus der Schlinge haben wir uns zu zweit wieder rausgezogen!

Die nächste Wartezeit war zum Glück die Mittagspause, in der 10 piekfeine junge Leute sich geschlossen beim Lidl-Bäcker mit Nervennahrung versorgten und das Café besetzten.

Nach der kleinen Stärkung gings bei mir dann direkt mit dem zweiten Gruppenspiel (in anderer Besetzung) weiter. Dieses Spiel war ein bißchen mehr so ausgelegt, dass man den vorgegebenen Standpunkt gut vertreten sollte und auf dem ersten Platz landen sollte. Dabei kam ich dann auch direkt—auf den vorletzten Platz. Meine Argumentation fand ich zwar nicht schlecht, aber zum Schluss wollte ich dann die Gruppe nicht blockieren und gab meinen Standpunkt auf, beteiligte mich aber trotzdem noch rege an der Festlegung der ersten Plätze. So konnnte ich doch noch ein bißchen Flagge zeigen.

Nach einer weiteren Runde Sitzen-Trinken-Pinkeln-Trinken-… kam dann mein Horror-Teil: Streitgespräch! Da war ich im Seminar immer schlecht, total nervös und gar nicht zufrieden. Ich konnte nur auf ein gutes Thema hoffen…letztendlich ein Schlag ins Wasser, denn es kam genau das dran, was ich gar nicht haben wollte! Mist… Und entsprechend liefs dann auch: ich konnte eigentlich nichts für meinen Standpunkt finden, war schon weg davon, bevor die Psychologin überhaupt wütend ihr Recht einfordern konnte und nach gefühlten 20 Sekunden waren wir bei einer Lösung, die fast nur der anderen Seite diente. Und mein Kopf wurde heiß und heißer…lief ich auch noch rot an??! AAAHH!

Die Zeit danach war dann der Horror. Die anderen waren noch beschäftigt und ich saß im Wartezimmer und je länger ich da saß, umso dümmer kam ich mir vor: sowohl im Gruppenspiel als auch im Streitgespräch untergebuttert worden und aus dem Streitgespräch mit hochrotem Kopf raus…mein Traum vom LH-Cockpit zerbröckelte so langsam. Irgendwann verkündete der Oberpsychologe: “Wir setzen uns jetzt unten zusammen und müssen entscheiden, wer morgen noch einmal kommen darf und wer leider nicht!“ Na, der redet ja von mir, mit seinem „leider nicht!“

Die Ergebnisbekanntgabe ist hart…Man sitzt zu zehnt im Warteraum, wird nach und nach alphabetisch ausgerufen. Das ist glaube ich der härteste Teil der ganzen zwei Tage. Alle gucken gequält, während einer von den Kollegen vor der Kommission antreten muss. Alle haben einen riesengroßen Traum, aber man weiß, dass der bald ausgeträumt sein könnte…sowohl von den anderen als auch der eigene. Man hofft immer, schon nach 1-2 Minuten Schritte zu hören und dass derjenige weiter ist…wenn es dann dauert und dauert wirds immer gewisser: er (oder auch sie) hats nicht geschafft. Es gibt nichts Härteres, man leidet richtig mit. Vor allem als der Phillip dann wiederkam und sagte, dass er raus war, war ich am Boden…ich hatte vor der FQ schon mit ihm telefoniert und DCT geübt und gerade er erschien mir so perfekt, ruhig die ganze Zeit und im Gruppenspiel echt gut dabei…

Schließlich wurde ich als Vorletzter der Gruppe aufgerufen und laufe diesen Gang runter, nachdem davor schon so viele gekickt wurden und hab echt Leere im Kopf. Ich konnte an gar nichts denken, hab dann auch erstmal vergessen die Tür zuzumachen… „Wie spricht man Ihren Nachnamen eigenltich aus?“-“Hm, S***y, ist eigentlich einfacher als man denkt.“ (AAAHH, was hab ich grad gesagt???!!! Gehts noch arroganter??!?)–“Na das ist ja gut zu wissen, weil morgen muss ich das nochmal aussprechen. Um 8.45 Uhr würden wir Sie gern im Simulator sehen.“ (AHHH Krass! Puuh…Sprachlosigkeit) Ich wollte dann auch gleich aufspringen, hab mich schon zur Tür gedreht, wurde dann aber nochmal zurückgepfiffen. Ich solle gleich die Letzte reinschicken. Damit sprang ich fast auf…und hab schon wieder vergessen die Tür richtig zu bedienen. Eigenlich sollte die aufbleiben, ich schlug sie aber fast zu und war schon halb den Gang runter…als es mich wie der Blitz traf und ich nochmal zurückhechtete, die Tür öffnete und mit einem freundlichen Grinsen zu der Kommission mein Versagen entschuldigte. Man! Das merken die sich doch! Das wird morgen garantiert schlecht angerechnet!

Fazit erster Tag: 6 in den Simulator.Die Psychologen dort machen einen absolut krassen Job da oben. Meistens war die Begründung mangelnde Belastbarkeit, was von einigen auch so unterschrieben wurde, aber bei anderen krieg ich das echt bis jetzt noch nicht auf die Reihe…da werden Träume zerstört. Aber im Zweifel gehts immer gegen den Bewerber. Ich selber musste erstmal 1000 Telefonate tätigen und SMS schreiben, dass auch jeder mitkriegt, dass die Hoffnung weiterlebt! Am Abend trafen wir uns dann im Marché und resümierten den Tag. Total anstrengend, aber man lernt auch viele nette Leute kennen und leidet mit ihnen zusammen. Nach einem Salat gings aber auch schnell ins Bett, morgen war ja doch noch wichtig! Ich war schon weiter als ich jemals gedacht hätte und so langsam keimte ein bißchen Hoffnung…vor dem Simulator hatte ich ehrlich gesagt nicht so viel Angst und das Interview war in Fürstenfeldbruck auch nicht schlecht. Vielleicht wirds ja doch noch was!

2. Tag: Harte Entscheidungen

Wenigstens musste ich nicht gleich um 7.00 Uhr in den Sim. Als ich viel zu früh um 8.15 Uhr wieder im DLR war, gings mir wie am Tag davor: ich hatte wenig geschlafen, noch weniger gegessen und war zudem noch offensichtlich nervös. Die Hoffnung, dass es doch noch klappen könnte, hatte sich total in Druck umgewandelt. Jetzt lag es wieder an mir, und ich wollte so kurz vor der Ziellinie nicht mehr scheitern!!! Zumal ich mir davor immer gesagt hatte, dass es am Simulator auf gar keinen Fall scheitern durfte. Aber jetzt schien mir das gar nicht mehr so sicher…

Was vor dem Simulator im Warteraum passiert ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr wirklich. Ich kann mich auch nicht erinnern, wer uns aufgerufen hat. Der „Film“ geht erst an der Stelle wieder weiter, als ich mein Jackett ausziehen durfte und im rechten der zwei Sim-Geräte Platz nehme. Da steht doch tatsächlich schon Lufthansa drauf! Soll das als Motivation angesehen werden oder als Joke? Auch die Ausstattung als fast vollwertiges Cockpit soll wohl mehr der Optik dienen, weder Klappen- noch Fahrwerkhebel, noch ein Großteil der anderen Schalter und Knöpfe wurden benötigt, nur das Steuerhorn, der Schubhebel und ein kleiner Schalter auf dem rechten Griff vom Steuerhorn zum Bedienen der Stoppuhr. Nachdem ichs mir gemütlich gemacht und das Headset aufgesetzt hatte, gings auch gleich schon los mit den Einweisungsflügen. Es lief alles ein bißchen anders ab, als ich es bei ToPilots gelernt hatte, aber nach kurzer Zeit hatte ich mich an Trimmung und die Verfahren im „Funk“ mit meiner Testleiterin gewöhnt.

Los ging es mit drei Einweisungsstrecken, die langsam schwieriger wurden, von Gerade und Kurve bis zu Steigen und Verfahrenskurven. Vor jedem Kurs war ein kurzes Briefing, bei Starthöhe, -kurs und -geschwindigkeit durchgesagt werden mussten, danach dann noch alles, was auf dem Kurs passieren sollte: Kurven, Steigen usw. Nach Beenden des Kurses noch ein kleines Feedback, was ich besser machen sollte, was falsch war und was gut. Als ich das Gefühl hatte, richtig gut drin zu sein, ging es auch schon an die „scharfen“ Durchgänge, bei denen ich keine Rückmeldung mehr kriegte, ob ich die Formalitäten einhielt und wie ich mich geschlagen hatte. Bis zum letzten Kurs lief es auch wie geschmiert, ich war fast genau auf die Sekunde mit meinen Kurven und der Gesamtstrecke immer fertig, gab kleine Abweichungen immer fleißig durch und konnte die Parameter relativ genau einhalten. Vielleicht fühlte ich mich deswegen etwas zu sicher, aber auf jeden Fall passierte es auf dem letzten Kurs: als ich mir sicher war, alles abgeflogen zu sein und am Ende der Zeit zu sein, lief der Sim einfach weiter und weiter! Ich musste etwas vergessen haben! Ich zwang mich dazu, ruhig zu bleiben, gab meine Feststellung über Funk weiter und beschloss, bis zum Ende der Zeit Kurs und Höhe zu halten. War es das? Beim letzten Kurs den Bock geschossen? Bin ich fahrlässig geworden über die Zeit? Bei der abschließenden Bewertung gab ich mir eine 3+, weil ich bis auf den letzten Kurs zufrieden war. Hatte das gereicht?

Zurück im Warteraum sah ich erstmal ein Häufchen Elend namens Max zusammengekauert in einem der Stühle sitzen. „Was istn mit dir los?“ fragte ich ihn. „Die ham mich genommen!“ brachte er noch raus. Der erste Besteher am heutigen Tag! – sah aus wie der erste Durchfaller. Mit total monotoner Stimme erzählte er, was passiert war und dass er es noch gar nicht fassen konnte. So sah er auch aus…trotzdem wollte er auf den Rest warten und mitkriegen, was der Tag noch bringen sollte. Als nächstes brachte er schlechte Neuigkeiten: der Nächste, der aus dem Interview kam(leider hab ich den Namen vergessen) hatte es nicht geschafft. Mangel an klarer Linie und zu ruhig. Aber das würde er auch so unterschreiben, meinte er.

Mit mir gings in der Zwischenzeit bergab…wieder einmal ewiges Warten, dazu kam mir meine Leistung im Sim immer schlechter vor…wie konnte ich einfach einen Teil VERGESSEN? Das hat ja wohl nie im Leben gereicht! Vor mir ging dann Veronika, die mit mir im SIM war, ins Interview und kam schon nach einer halben Stunde wieder. Gut gelaunt, zuversichtlich…es ist wohl ganz gut gelaufen. Keine fünf Minuten später wird sie dann abgeholt und kommt bald drauf mit einem gelben Zettel in der Hand wieder…bestanden!

Nach einer gefühlten Ewigkeit (hat das Kommittee in der Zwischenzeit Mittag gemacht?) wurde ich dann vom „Oberpsychologen“ gebeten, ihm zu folgen. Es ging in den gleichen Raum wie am Tag zuvor, als uns mitgeteilt wurde, ob wir noch einmal antreten durften. Der Weg dorthin kam mir vor wie ein Tunnel, von meiner Umgebung bekam nicht mehr viel mit, irgendwie versank alles um mich herum. Ich schloss die Tür hinter mir, lief wie in Trance zu dem mir angebotenen Stuhl und setzte mich.

„Ja Herr S***y, Ihre Leistungen im Simulator haben uns überzeugt, hätten Sie etwas dagegen, wenn wir gleich mit dem Interview beginnen?“ war der erste Schock. Es hat wirklich gereicht! Mit einem Schlag war ich wieder voll da, mir wurde angenehm warm (ohne dass ich rot anlief) und jegliche Nervosität war sofort wie weggeblasen. Natürlich habe ich nichts dagegen loszulegen! Nach ein bißchen Smalltalk wie ich die letzten zwei Tage fand, über Schule und dieses und jenes ging es dann übers Hobby richtig los: Warum ich denn nicht Segelflieger bin, wenn ich doch so Luftfahrtbegeistert bin? Wie ist denn ungefähr die Karriere als Pilot? Und gleich der erste Hammer: Abfluggewichte. Weiß ich nicht. Warum nicht, wenn ich mich doch so für alles interessiere? Und an dieser eh schon schwierigen Stelle übernahm die Psychologin und bohrte nach Schwächen. Wie ich die aufs Cockpit beziehen könnte. Immer weiter drehte es sich um Schwächen.

Den gesamten Ablauf kann ich gar nicht mehr rekonstruieren, was auch daran liegt, dass ich etwa eine Stunde gekocht wurde. Und die ganze Zeit drehte es sich nur um Schwächen, was ich am ersten Tag nich so toll gemacht habe, was ich nicht weiß, Nachteile am Beruf, usw… Aber insgesamt war mein Gefühl gar nicht so schlecht, als es hieß, ich solle nocheinmal kurz im Warteraum Platz nehmen. Ich wurde zwar ordentlich angegriffen, bin aber schön ruhig geblieben bei allem, hab Sachen, die ich nicht weiß einfach zugegeben und mich nicht um Kopf und Kragen geredet. Ich hatte noch nicht einmal ansatzweise den anderen, die grad aus dem Simulator gekommen sind, erzählen können wie es war, als ich auch schon von einem freundlich schauenden Kapitän abgeholt wurde. Er lächelt! Das ist gut! Eben hat er auch gelächelt, als Veronika bestanden hat!

Es war dann auch gut. „Ich freue mich, Sie an Bord begrüßen zu dürfen!“. Zoing! Ich hatte es geschafft!!! Aber irgendwie freute ich mich nicht, konnte gar nicht realisieren, was gerade passiert war. Ich dürfe mich jetzt freuen, wurde ich aufgefordert, konnte ich aber nicht richtig…das war einfach alles zuviel. Und alles drehte sich und ich konnte nur auf das gelbe Papier starren, dass vor mir lag. „Herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Firmenqualifikation!“ Das Ziel meiner Träume lag vor mir und ich brachte es nicht fertig mich drüber zu freuen…es ist ungefähr genau das Gegenteil wie bei diesen Castingshows, wo die Leute total flippen, wenn sie genommen werden...

Um weiter zu machen, musste ich eine Erklärung des DLR zur Weitergabe meiner Daten unterschreiben, dann bekam ich noch eine Manöverkritik zur BU (alle Ergebnisse nur begrenzt durch oberen Anschlag) und zu den vergangenen zwei Tagen (Standpunkte nicht gut vertreten und leichte Bedenken wegen Belastung, die ich aber alle im Interview ausräumen konnte). Deswegen hatte es auch so lang gedauert, es sollte noch einmal ein Test sein bezüglich der Sachen, bei denen sich die Kommission nicht sicher war.

Um genau 13.34 Uhr am 13. Oktober 2009 kam ich aus dem Interviewraum und hatte ein Ticket zum Ziel meiner Träume in die Hand. Natürlich musste die Botschaft erstmal verbreitet werden. Beim Telefonieren (verbotenerweise und deswegen im Klo) muss ich mich aber angehört haben, als wär grad die Welt untergegangen. Das sagt zumindest meine Freundin. Auch meine Eltern mussten zweimal fragen, weil das, was ich sagte so gar nicht zum Tonfall passte.

Die ganzen Berichte, die man aus dem Fernsehen kennt und wo sich die Leute wie bei Casting-Shows freuen, sind alle total falsch. Man fiebert zwei Tage lang mit den andern mit und wenn man selber sein Ergebnis kriegt, und das auch noch positiv ist, hat man zwei nervenzerfetzende Tage hinter sich und ist fertig mit der Welt. Zudem sitzen in dem Warteraum noch andere, die gerade am Boden sind, weil sie durchgefallen sind, oder die noch auf das alles entscheidende Interview warten. Da kann man sich gar nicht freuen, es ist einfach zuviel. Ich blieb auch bis zum Ende, bis alle wussten, was Sache war. Man hofft und bangt bei jedem mit und ist echt am Boden wenns bei den anderen nicht reicht. Und leider reichte es dann auch bei keinem mehr, was den Tag auch nicht schöner macht.

Als der ganze Spuk dann vorbei war, verabredeten wir, die Leute, die den Abend noch in Hamburg verbringen mussten, uns noch für ein Abendessen im Marché. Erstmal gings aber ins Hotel, wo ich dann auch ausführlich mit sämtlicher Verwandtschaft telefonierte. Ausführlich Bericht erstatten. Realisieren war immer noch nicht drin, auch wenn ich mir zum 1o00. Mal den Glückwunsch-Zettel durchlas.

Der Abend kam dann auch ganz schnell, hatte gerade noch Zeit mich zu duschen und dann machte ich mich auf die Socken zum Terminal 1. Den Blick dabei immer auf die Start- und Landebahn, ein bißchen davon träumen, bald selber in den vorbeifliegenden Flugzeugen zu sitzen. Als Erstes beschloss ich dann, mein verbleibendes Bargeld im Lufthansa-Worldshop zu lassen. Das war zum Glück nicht mehr viel, so dass nur eine Tasse und ein paar Pfefferminz dabei rauskamen, aber ich musste mir etwas als Andenken an diesen Tag kaufen. Das Essen war dann nur ein kleiner Salat, irgendwie hatte ich immer noch nicht viel Hunger und war total platt. Nach einem netten Essen mit den anderen Mitstreitern ging es dann auch dementsprechend früh ins Bett. Ich freute mich nur noch drauf, am nächsten Tag wieder zu meiner Freundin und zur Familie zu kommen!
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kazakazam
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Anmeldungsdatum: 10.03.2009
Beiträge: 192
Wohnort: Berlin

BeitragVerfasst am: Di Jan 12, 2010 12:30 pm    Titel: Antworten mit Zitat

krasse sache elcho,

echt packender bericht. hat mich gut gefesselt beim lesen.

hey leute, hier oben ist ein echt guter schriftsteller verloren gegangen^^
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Doorn
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Anmeldungsdatum: 20.05.2009
Beiträge: 604

BeitragVerfasst am: Di Jan 12, 2010 12:48 pm    Titel: Antworten mit Zitat

toller bericht Smile

viel erfolg bei deiner ausbildung Wink
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Clearance
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Anmeldungsdatum: 01.01.2010
Beiträge: 178

BeitragVerfasst am: Di Jan 12, 2010 1:13 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Da kann man nur gratulieren Very Happy
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LH_555_Domi
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Anmeldungsdatum: 23.10.2009
Beiträge: 96

BeitragVerfasst am: Di Jan 12, 2010 1:25 pm    Titel: Antworten mit Zitat

hab ihn letztens schon in deinem Blog gelesen Smile

trotzdem toller bericht, vielen dank dafür !

du hast ja auch ein seminar besucht ? haben die deswegen irgendwas gesagt ?

Viele Grüße
_________________
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LeoAir
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Anmeldungsdatum: 02.06.2009
Beiträge: 73

BeitragVerfasst am: Di Jan 12, 2010 2:33 pm    Titel: Antworten mit Zitat

wahnsinns sache.... gibt Mut!!

möchte auch gerne wissen, ob du das Gelernte bei dem Seminar umsetzen hast können? Würdest du's weiterempflehlen?

viel spass bei der Ausbildung,

lg
_________________
BU: 09/10 Februar
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88elchomator88
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Anmeldungsdatum: 11.04.2009
Beiträge: 115

BeitragVerfasst am: Di Jan 12, 2010 5:30 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für die Blumen Leute!

Also bezüglich Seminar: ich war bei ToPilots. Vielleicht ist das hier jetzt die falsche Stelle eine neue Diskussion Pro-Contra Seminar loszutreten, aber mir hats was gebracht, ich wüsste nicht, obs auch so geklappt hätte. Es waren andere dabei, die woanders waren und genommen worden sind und es waren welche von ToPilots dabei, die es leider nicht gepackt haben.

Aber ich kann über ToPilots nichts Schlechtes sagen. Für mich war das Seminar von vornherein so gedacht, dass ich weiß, wie der Hase läuft und dann in Hamburg mit der gemachten Erfahrung an die Sache rangeh.

Meiner Meinung nach ist das auch der größte Effekt von einem Seminar: man hat einfach alles schon mal durchgemacht und kann dadurch mit größerem Selbstbewusstsein an die Sache rangehen.
Mir wurden viele Tipps gegeben, die geholfen haben und einige, die ich nicht befolgt hab. So hat man mir von meiner lila Krawatte und den gemusterten Schuhen abgeraten. Ich fands aber schick und bin trotzdem damit angetreten.
Man kriegt kein Patentrezept, es wird einem nur gesagt, man soll man selbst bleiben. Und das klappt glaub ich besser, wenn man nicht erstmal damit beschäftigt ist, mit den Aufgaben klarzukommen!
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Scoop
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Anmeldungsdatum: 26.07.2006
Beiträge: 1145
Wohnort: Muc

BeitragVerfasst am: Di Jan 12, 2010 6:47 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Milka Smile die zarteste Versuchung.

Glückwunsch zur FQ!
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Jiblet
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Anmeldungsdatum: 02.06.2009
Beiträge: 235

BeitragVerfasst am: Mi Jan 13, 2010 2:39 am    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr fesselnder Bericht. Danke dafür. Wenn dein Blog für die weite Öffentlichkeit gedacht ist, wäre das sicher nicht nur ich, der sich über den Link freuen würde.
Weiterhin guten Flug.
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Fliegenfalle
Navigator
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Anmeldungsdatum: 30.06.2009
Beiträge: 36
Wohnort: Bad Brückenau, Bayern

BeitragVerfasst am: Do Jan 14, 2010 4:45 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bin echt - ergriffen. Hab am 1./2. März meine FQ und bin jetzt schon total verrückt im Kopf.
Ich hab mir echt Gedanken gemacht, ob ich nicht meine Mitbewerber an der FQ als Konkurrenten sehen müsste - kann es aber, auch durch die BU, nachvollziehen, dass dies in keinster Weise der Fall ist. Niemand, wie ich man selbst, kann seinen Mitbewerber verstehen. Und auch die unfassbaren Reaktionen der "Beglückwünschten" kann ich nachvollziehen.

Wahnsinn. Bin immer noch total plem-plem. Danke für diesen wirklich tollen Bericht.

Kannst du mir vll PM schreiben, was denn markante Unterschiede zwischen ToPilots und FQ Simulator sind? Bin nämlich auch bei TP gewesen September Smile.

Lg,
Matthias
_________________
Abi 09: Done

BU am 3./4. September 09 !!!
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cali82
Bruchpilot
Bruchpilot


Anmeldungsdatum: 07.05.2009
Beiträge: 13

BeitragVerfasst am: Do Jan 14, 2010 10:31 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Sehr schöner Bericht, du kannst gut schreiben. Smile

Eine Frage habe ich noch, da ich am 17.02 FQ habe und mich auch gerade vorbereite. Unter den Streitgesprächen kann ich mir irgendwie nichts vorstellen. Ich möchte keine genauen Angaben oder so, aber ist es in etwa so: einer bekommt als Standpunkt z.B. "Rauchen ist gut" und der andere "Rauchen ist schlecht" und dann muss man den anderen jeweils überzeugen oder bin ich auf dem Holzweg?
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Jiblet
Captain
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Anmeldungsdatum: 02.06.2009
Beiträge: 235

BeitragVerfasst am: Fr Jan 15, 2010 7:02 am    Titel: Antworten mit Zitat

Ähhm man bekommt ein Thema, einen Konflikt mit kurzer Erläuterung der Situation und welchen Standpunkt man hat. Den Konflikt gilt es zu lösen.
_________________
BU: Smile --> FQ: Mad --> Medical: Smile --> AirBerlin: JAWOLLLAA Cool
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