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Einige Fragen zum Piloten dasein
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Isanami
Bruchpilot
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Anmeldungsdatum: 31.10.2015
Beiträge: 2

BeitragVerfasst am: Sa Okt 31, 2015 3:15 am    Titel: Einige Fragen zum Piloten dasein Antworten mit Zitat

Gerade müssen wir in Deutsch Referaten vorbereiten, zu einem Beruf für den wir uns interessieren. Ich hab mich für den Beruf als Pilot entschieden und könnte mir sogar vorstellen, diesen Beruf, später einmal auszuüben.
Ich werf einfach mal meine Fragen in den Raum. Man könnte es auch als kleines Interview sehe.
1) Wie sehr geht der Beruf an euch die psyche?
2) Wie sieht es mit den Arbeitszeiten und Urlaub aus?
3)Was fasziniert euch jedes mal/oder öfters, wenn ihr fliegt?
4) Habt ihr Zeit für Familie und co?
5) Wie haltet ihr euch Geistig "fit"?
6) Ist der Beruf für euch abwechslungsreich?
7) Was sind die negativen "Seiten" des Berufes?
Cool Welche Airlines vorfinanzieren die Ausbildung?
9) Was machen Piloten, wenn sie mal arbeitslos werden?
10)Wie sieht der Arbeitsaltag aus?
11) Wie gesundheitsschädlich ist der Beruf? Und stimmt es das Piloten ein höheres Krebsrisiko haben?
12) Wenn man z.B in das Land xxx fliegt, hat man auch mal einige Tage frei, bevor man zurückfliegt?

Das wärs fürs erste Smile
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flapfail
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Anmeldungsdatum: 23.03.2008
Beiträge: 6787
Wohnort: OGLE-2005-BLG-390Lb

BeitragVerfasst am: Sa Okt 31, 2015 9:18 am    Titel: Antworten mit Zitat

1) Wie sehr geht der Beruf an euch die psyche?

Sehr, wenn man an das Pilotenbashing denkt, was derzeit immer wieder in den Medien läuft ("Geldgeiles Pack", ..."Die arbeiten ja sowieso nichts, fliegen tut der Autopilot, höchste Zeit wenn die Flugzeuge ferngesteuert, und die überzahlten Piloten abgeschafft werden"... usw)

2) Wie sieht es mit den Arbeitszeiten und Urlaub aus?

Urlaub passt - 6 Wochen im Jahr was will man mehr.
Die Arbeitszeiten wurden in den letzten Jahren immer mehr erhöht - man arbeitet bis zum gesetzlichen Maximum, bei einem Minimum an gesetzlichen Tagen frei dazwischen - das reicht kaum mehr zum erholen

3)Was fasziniert euch jedes mal/oder öfters, wenn ihr fliegt?

Die Perfektion, wie heute die Fliegerei abläuft.Man startet genau eine Minute vor scheduled Departure, und kommt an einem anderen Ende der Welt 3 Minuten vor der scheduled arrival time am Gate an Smile

4) Habt ihr Zeit für Familie und co?

Siehe 2: Zu Wenig. Man hat kaum Zeit für private Aktivitäten (ausser im Urlaub) wie Theaterbesuche, Geburtstagsfeiern bei Freunden, weil man entweder fliegen muss, oder so fertig ist davon, dass man die Zeit zum Ausruhen braucht.

5) Wie haltet ihr euch Geistig "fit"?

Lernen , Lesen, Sport

6) Ist der Beruf für euch abwechslungsreich?

Jeder Flug ist eine neue Aufgabe, die aber - wenn alles nach Plan läuft - wenig Abwechslung bietet. Bei Problemen (Technik, Passagiere, Besatzung) sieht es dann aber schon anders aus. Da passieren immer wieder neue Dinge

7) Was sind die negativen "Seiten" des Berufes?

Siehe 2 und 4

Welche Airlines vorfinanzieren die Ausbildung?

Siehe PB

9) Was machen Piloten, wenn sie mal arbeitslos werden?

Einen anderen Job - was sonst , gerade wenn sie das Medical oder den SIM Check nicht mehr schaffen. Allerdings kaum in der Airline wo sie mal gearbeitet haben.

10)Wie sieht der Arbeitsaltag aus?

Check In Eine bis 1,5 Stunden vor Abflug, Begrüßung der Kollegen, Ausdruck und Bearbeitung der Flugunterlagen (Flugplan, Wetter Notam), Sprit bestellen, Briefing mit den zugeteilten Flugbegleitern, Sicherheitskontrolle und Fahrt zum Flugzeug, Vorbereitung, Checklisten, Papiere bearbeiten, abzeichnen, losfliegen, warten das die Zeit vergeht (falls nichts aussergewöhnliches passiert) wenn zeit ist etwas essen trinken, Vorbereitung für die Landung, Briefing, Chcklisten, ankommen, Papiere fertig machen/abzeichnen.
Dann entweder den neuen Flug vorbereiten oder ins Hotel oder nach Hause gehen.

11) Wie gesundheitsschädlich ist der Beruf? Und stimmt es das Piloten ein höheres Krebsrisiko haben?

Fliegen ist durch Höhenstrahlung, Zeitverschiebung, Klimaverschiebung gesundheitsschädlicher als jeder andere Bürojob. Durch die Höhenstrahlung gibt es auch tatsächlich ein höheres Krebsrisiko welches aber von den Airlines Totgeschwiegen wird. (Im wahrsten Sinne des Wortes)

12) Wenn man z.B in das Land xxx fliegt, hat man auch mal einige Tage frei, bevor man zurückfliegt?

Kaum. Die Zeiten sind vorbei. Meist geht es nach 24 Stunden mit der nächsten Maschine heim. Ausnahmen bestätigen die Regel.
_________________
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Huskydog
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Anmeldungsdatum: 22.12.2005
Beiträge: 852
Wohnort: Europa

BeitragVerfasst am: Fr Nov 27, 2015 1:04 pm    Titel: Antworten mit Zitat

1) Wie sehr geht der Beruf an euch die psyche?

Je nachdem wie viel ich gerade arbeiten muss unter welchen Rahmenbedingungen. Ich freue mich in der Regel auf den Dienst. Je nach Destinations und Kollegen machen die ersten 3-4 Tage richtig Spaß, ab da vermisse ich mein Zuhause.
Insgesamt bin ich aber eher ein Mensch der Abwechslung braucht und der in Routine eingeht, insofern würde ich den Beruf für mich konkret als weniger belastend als einen 9-5 Job bezeichnen.

2) Wie sieht es mit den Arbeitszeiten und Urlaub aus?

Siehe oben.
Ich denke mittelfristig kann und möchte ich den Job nicht mehr in Vollzeit ausführen. Wenn ich an meine Gesundheit denke, wäre es vernünftig auf Gehalt zu verzichten im Tausch gegen etwas mehr Freizeit.

3)Was fasziniert euch jedes mal/oder öfters, wenn ihr fliegt?

Nichts so wirklich. Ich sehe den Job inzwischen recht unemotional. Es ist eben Alltag.

4) Habt ihr Zeit für Familie und co?

Ich habe Frau, Kind und Haustiere. Mit meiner Familie verbringe ich annähernd 100% meiner Freizeit.
Vereinstätigkeiten oder Ehrenämter übe ich keine aus, meinen Hobbies gehe ich unregelmäßig nach.
Freunde habe ich natürlich schon, jedoch nur wenige Gute. Da mein Bekanntenkreis zu Großteilen auch aus Fliegern besteht ist es schwierig Treffen zu koordinieren.

5) Wie haltet ihr euch Geistig "fit"?

Ich lese und schreibe Bücher, vornehmlich über Finanzen und Börse.

6) Ist der Beruf für euch abwechslungsreich?

Der Rahmen ist immer der gleiche, die Rahmenbedingungen immer andere. Ab und zu gibt es Tage die "hängenbleiben".

7) Was sind die negativen "Seiten" des Berufes?

Siehe 1, 2 und 4.

Achtens) Welche Airlines vorfinanzieren die Ausbildung?

Wenige

9) Was machen Piloten, wenn sie mal arbeitslos werden?

Sich einen neuen Job suchen oder sich beruflich neu orientieren. Ich würde wahrscheinlich komplett auf Finanzexperte/Autor umschwenken.

10)Wie sieht der Arbeitsaltag aus?

Siehe oben.

11) Wie gesundheitsschädlich ist der Beruf? Und stimmt es das Piloten ein höheres Krebsrisiko haben?

Meiner Meinung nach sehr.

12) Wenn man z.B in das Land xxx fliegt, hat man auch mal einige Tage frei, bevor man zurückfliegt?

Selten, vielleicht 1-2x im Monat, je nach Arbeitgeber und Flotte.
_________________
Alles bestanden.
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flapfail
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Anmeldungsdatum: 23.03.2008
Beiträge: 6787
Wohnort: OGLE-2005-BLG-390Lb

BeitragVerfasst am: Do Jun 16, 2016 7:42 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hier spricht Ihr Pilot

Fliegen sei so banal geworden, heißt es. Ein Gespräch mit dem Buchautor Mark Vanhoenacker über den Duft von Singapur und die überwältigende Schönheit einer 747
Interview: Michael Allmaier

DIE ZEIT: Wie war der Flug?

Mark Vanhoenacker: Lief reibungslos. Früher bin ich die Strecke London–Berlin alle paar Wochen selbst geflogen. Diesmal konnte ich in der Kabine sitzen und mich entspannen. Ich habe während des ganzen Anflugs aus dem Fenster gestarrt.

ZEIT: Ich dachte, Profis buchen Gangplätze, wegen der Bewegungsfreiheit.

Vanhoenacker: Ich nicht, ich will rausschauen. Der Ausblick und die Streckenanzeige, mehr Unterhaltung brauche ich nicht.

ZEIT: Das klingt, als wären Piloten die genügsamsten Passagiere.

Vanhoenacker: Ich denke manchmal, als Passagier hat man mehr von der Reise. Klar, wir im Cockpit haben das größere Fenster, aber wir sind eben auch im Dienst. Funken, achten auf das Wetter, auf den Treibstoff, reden mit den Flugbegleitern ... Wenn ich nur noch einen Flug im Leben frei hätte: Ich würde die Kabine wählen.


ZEIT: Und wohin?

Vanhoenacker: Vielleicht nach Kapstadt, meine Lieblingsroute. Von London aus fliegt man geradewegs nach Süden, überquert eine spektakuläre Landschaft nach der anderen: Sahara, Sahel, Dschungel, dann über den Äquator und vielleicht Namibia. Das sieht umwerfend aus mit all dem roten Sand – wie auf dem Mars. Dann geht über der Skelettküste die Sonne auf, du isst dein Rührei, siehst den Tafelberg, landest, und vor dir liegt der Tag.

ZEIT: An diese Strecke denke ich auch gerne zurück: guter Rotwein, gut geschlafen, als Bordfilm lief Spiderman 3. Bin ich ein Banause?

Vanhoenacker: Die Luftfahrt ist ein Opfer ihres Erfolgs geworden. Wenn man ständig fliegt, verliert man leicht das Gefühl für den Zauber, der darin liegt. Allein die Vogelperspektive, die wir dabei erleben dürfen. Und natürlich öffnet das Fliegen den Horizont – so weit, wie es sich noch vor zwei Generationen kaum ein Mensch vorstellen konnte. Übermorgen fliege ich von Heathrow nach Singapur. Man muss sich die Dimension einer solchen Reise klarmachen: Singapur, gegründet als Außenposten eines Weltreichs, dessen Zentrum London war. Damals reisten die Geschäftsleute über Wochen von hier nach dort. Heute tun sie das Gleiche in 13 Stunden. Es hat etwas Meditatives: Man entspannt sich, liest vielleicht einen Reiseführer, schließt die Augen – und dann ist man auch schon da. Zwei der bedeutendsten Städte der Welt, verbunden durch unser Flugzeug!

ZEIT: Eben erschien im Hanser Verlag die deutsche Ausgabe Ihres Buchs Himmelhoch – eine Hymne auf die Fliegerei. Warum haben Sie es geschrieben?

Vanhoenacker: Als ich ein Junge war, konnte man einfach so während des Flugs ins Cockpit spazieren. Damals erzählten mir die Piloten von sich und ihrer Arbeit. Das ist heute nicht mehr möglich und wird es wohl nie mehr sein. In dem Buch steht, was Sie zu hören bekämen, dürfte ich Sie noch reinlassen.

ZEIT: Ihr Buch holt den Jungstraum vom Fliegen zurück. Da dachte man schon, alles nur Technik, und lernt jetzt: Es ist doch romantisch.

Vanhoenacker: Zutiefst romantisch. Zum einen ist das Flugzeug ja ein Zwischenraum, ein Tunnel, voll mit Erinnerungen an den Ausgangspunkt und Erwartungen an das Ziel. Zum anderen erfüllt sich für uns, die wir darin sind, eine Sehnsucht, die älter ist als wir. Leute fragen mich oft, ob ich schon immer fliegen wollte. Anfangs erstaunte mich das. Einen Fernfahrer fragt man ja auch nicht, seit wann er schon fahren will. Mittlerweile denke ich, diese Frage richtet sich gar nicht an mich, sondern an uns, die Menschheit.

"Wir segeln durch Wolken aus Licht"

Für den British-Airways-Piloten Mark Vanhoenacker ist der Himmel poetisch: im Cockpit Tee trinken und zuschauen, wie der Wind Bilder malt.
Für den British-Airways-Piloten Mark Vanhoenacker ist der Himmel poetisch: im Cockpit Tee trinken und zuschauen, wie der Wind Bilder malt. © Gene Glover

ZEIT: Womit begann Ihr Traum vom Fliegen?

Vanhoenacker: Mit Klebesternen an der Decke meines Kinderzimmers in Massachusetts. Solchen, die im Dunkeln leuchten. Unter diesen Himmel habe ich meine Modellflugzeuge gehängt. Ich glaube, der Traum kommt zu einem, wenn man sehr jung ist. Ein Einfluss für mich war sicher mein Vater. Er liebte Flugzeuge und war als Missionar oft darin unterwegs, über Brasilien oder dem Kongo. Ich nahm als Teenager Flugstunden, sah das aber eher als Hobby und wurde Unternehmensberater.

ZEIT: Auch ein Beruf, in dem man viel reist.

Vanhoenacker: Darum habe ich ihn gemacht. Aber mit Ende zwanzig merkte ich, dass mir das nicht mehr genügte. Dass ich selber fliegen wollte. Seit zwölf Jahren bin ich jetzt Pilot bei British Airways. Aber ich habe noch immer einen Globus zu Hause, auf dem ich manchmal mit dem Finger meine Strecken nachzeichne. Letztes Jahr, vor einem Start in Mexico City, machte ich meinen Inspektionsrundgang um die 747. Nebenan stand eine andere 747, und deren Pilot tat dasselbe. Wir begegneten uns unter den Flügelspitzen und schwärmten von diesem Flugzeug. Er war Anfang vierzig, etwa so alt wie ich. Nachher stellte ich mir vor, wir wären noch mal Kinder und wüssten, eines Tages stünden wir unter den riesigen Flügeln der 747, frühmorgens in Mexico. Was hätten wir uns gefreut!

ZEIT: Erklären Sie uns Ihre Faszination für dieses Flugzeug.

Vanhoenacker: Es ist einfach wunderschön. Wussten Sie, dass der Chefdesigner Vögel beobachtet hat wie da Vinci vor fünfhundert Jahren? So kam er wohl auf diese kopfähnliche Ausbuchtung am Oberdeck. Und dann die Spannweite – über sechzig Meter. So eine Strecke schafften vor einem Jahrhundert die Brüder Wright bei ihren ersten Flügen.

ZEIT: Manche würden sagen: Die sind noch richtig geflogen; die Piloten von heute bedienen vor allem ihre Computer. Langweilen Sie sich nie?

Vanhoenacker: Ich bin mal müde oder habe Heimweh – aber Langeweile an Bord kenne ich nicht. Dieser Job bringt mich zu den entlegensten Winkeln der Welt. Er zeigt mir die gefrorenen Flüsse Sibiriens, die Berge der Baffininsel, die nach Odin und Thor benannt sind. Natürlich gibt es Kollegen, die aktiver sein wollen. Die fliegen dann eher Kurzstrecke, wo wenig Zeit zwischen dem Start und der Landung liegt.

ZEIT: Was macht eigentlich mehr Spaß: starten oder landen?

Vanhoenacker: Ich lande lieber, weil es länger dauert. Die letzten Meilen sind ein sehr sensibler, kontrollierter Prozess. Außerdem kehre ich lieber zur Erde zurück, als dass ich sie verlasse. Und Sie?

ZEIT: Ich mag den Start, die schiere Kraft der aufdonnernden Triebwerke. Er vermittelt mir das Gefühl, teilzuhaben am Triumph des Menschen über die Grenzen seiner Natur.

Vanhoenacker: Da sind Sie nicht der Erste. Dem Durchqueren des Himmels wurde immer schon etwas Göttliches zugeschrieben – wohl einfach, weil wir es nicht konnten. Und nun können wir es mithilfe dieser wunderbaren Maschinen, die der Natur abgeschaut sind und trotzdem über sie hinausweisen. Sie wären erstaunt, wie oft die Menschen mich nach übersinnlichen Erfahrungen fragen.

ZEIT: Und, hatten Sie welche?

Vanhoenacker: Bis jetzt nicht. Aber das Nordlicht zu erleben hat schon etwas Magisches. Oft sehen wir es für Stunden, einen Vorhang von lebendigem Licht. Man schaut hin und denkt, es bewegt sich nicht. Dann schaut man noch mal, und alles ist anders. Sein Glanz fällt in unser Cockpit, wir segeln durch Wolken aus Licht.

ZEIT: Denken Sie manchmal: Was tun wir hier oben, wir haben hier nichts zu suchen?

Vanhoenacker: Nein. Wir sind so weit gekommen, weil wir uns seit mehr als hundert Jahren behutsam vorantasten. Natürlich führt das in Sphären, für die Menschen nicht ausgelegt sind. Wir erleben auf Flughöhe manchmal Winde von 150 Knoten, das ist schneller als ein Hurrikan. Auf der Straße würde es einen wegblasen. Aber wir sitzen da im Cockpit und trinken eine Tasse Tee.

ZEIT: Seltsam, oder?

Vanhoenacker: Das stimmt. Zumal wir Piloten mit unserem Element, der Luft, so gut wie nie in Berührung kommen. Wir atmen fast immer durch Klimaanlagen: im Flugzeug, im Terminal, oft auch im Taxi und im Hotel, wenn da das Fenster nicht aufgeht. Darum mag ich es so, wenn mal an der Fluggastbrücke ein Siegel nicht dicht hält und mir fremde Luft entgegenströmt, die Schwüle von Dallas oder die Feuchtigkeit von Brüssel.

ZEIT: Sie schreiben, an den Jetlag gewöhne man sich in Ihrem Beruf rasch. Verwirrender sei ein Gefühl, dass Sie placelag nennen.

Vanhoenacker: Sie müssen sich das so vorstellen: Übermorgen erwache ich in London. Ich frühstücke bei Freunden, jogge durch den Park, breche auf zum Flughafen. Ich fliege, und dann fahre ich schon mit dem Bus durch Singapur; es ist noch immer Nachmittag, nur einen Tag später. Die Leute auf der Straße tun, was sie eben so tun. Und ich plumpse da einfach hinein, höre die fremden Sprachen, atme die fremde Luft. Singapur riecht wie ein Blumenladen! Drei Tage später bin ich woanders, aber die Eindrücke reisen mit. Wenn man das lange genug macht, spürt man, wie viel auf dieser Welt zur selben Zeit passiert.

ZEIT: Sonderlich tiefe Eindrücke gewinnt man so aber nicht.

Vanhoenacker: Zugegeben. Ein Kollege fragte mich mal nach einem guten Frühstückscafé in Shanghai. Ich dachte nach, aber mir fiel keins ein. Erst danach wurde mir bewusst: Du warst noch nie in Shanghai.

ZEIT: Sie geistern über den Planeten. Sind Piloten Einzelgänger?

Vanhoenacker: Man sollte kein Problem damit haben, allein auszugehen. Die Passagiere sehen uns, die Bordbesatzung, als eingespieltes Team. In Wahrheit ist es meistens so, dass wir die Kollegen kaum kennen. Oder vielleicht wissen, wir sind mal zusammen geflogen, irgendwann, irgendwohin. Aber man zieht in seinen freien Stunden nicht immer gemeinsam los.

ZEIT: Ich sehe als Passagier wenig von den Piloten, die mich fliegen. Ein Hallo im Gedränge beim Einsteigen – das ist es meistens schon. Wie schaffen Sie es, mir in dieser Sekunde zu vermitteln, dass ich bei Ihnen gut aufgehoben bin?

Vanhoenacker: Sie müssen demnächst mal drauf achten: Wir zeigen uns schon am Terminal, damit man uns ansprechen kann; vor allem Kinder nutzen die Chance. Wir kommen aus dem Cockpit, wenn es Komplikationen gab. Aber das Wichtigste sind unsere Ansagen, die nehmen wir sehr ernst. Ich mache mir vorher immer Notizen, überlege, was diesmal besonders ist, wann es sich lohnt, aus dem Fenster zu schauen. In unseren Regularien steht auch die Pflicht, das Interesse der Passagiere an der Luftfahrt lebendig zu halten. Das klingt nicht mehr sehr zeitgemäß, aber ich halte daran fest.

Flugrouten Pilot Mark Vanhoenacker
BESTE AUSSICHTEN:

DIE LIEBSTEN FLUGROUTEN VON MARK VANHOENACKER

LONDON – LOS ANGELES: Grönland, die Rocky Mountains, die Sierra Nevada: Auf dieser Strecke fliegt man oft über drei Gebirgsregionen – und sieht drei Ozeane: das Nordpolarmeer, den Atlantik und den Pazifik.

LONDON – BOSTON: Auf dieser Route hat man lange nur Wasser unter sich, doch das Meer hat seine eigene, endlose Schönheit. Später überquert man Neufundland, folgt der felsigen Küste von Maine – im Indian Summer schön bunt! – und hat einen tollen Blick auf Provincetown, wo einst die Pilgerväter ankamen.

LONDON – TOKIO: Von einer Inselhauptstadt zur anderen! Diese Strecke führt über Nordeuropa und Russland, wo in Winternächten häufig Polarlichter am Himmel flackern. Später sieht man die gewaltigen Japanischen Alpen – und bei der Landung den größten Ballungsraum der Welt.

LONDON – KAPSTADT: Auf den Spuren der Seefahrer zum Kap der Guten Hoffnung! Erst fliegt man übers Mittelmeer, dann einmal über den afrikanischen Kontinent: über die Sahara (bei Sonnenuntergang wunderschön), die Sahelzone, den Äquator und Namibia mit seinen leuchtenden roten Riesendünen.

ZEIT: Dass Piloten so adrett aussehen, ist sicher auch kein Zufall.

Vanhoenacker: Auch das ist geregelt – von der Farbe meiner Schuhe bis zur Krawatte, die ich nur im Cockpit ablegen darf. Bart ist erlaubt, Dreitagebart nicht. Niemand soll denken, ich hätte versäumt, mich zu rasieren.

ZEIT: Ihr Hemd sieht aus wie frisch gestärkt. Wie kriegen Sie das unterwegs hin?

Vanhoenacker: Bügeln!

ZEIT: Sie lassen das im Hotel machen?

Vanhoenacker: Nein, das mache ich schon selbst. Bügeln, Schuhe putzen, so etwas lernt man in meinem Geschäft.

ZEIT: Mit Piloten verbindet man diese Aura der Zuversicht. Ist Angst Ihnen so fremd, wie es scheint? Immerhin sind die Risiken Ihres Berufs in den letzten Jahren nicht kleiner geworden.

Vanhoenacker: Mein unangenehmstes Erlebnis im Cockpit liegt 14 Jahre zurück. Ich war noch in der Ausbildung mit einer kleinen Maschine im Sichtflug über Phoenix. Ich sah aber nichts, weil es neblig war, und wusste nur, rings um mich ist ein Gebirge und irgendwo unter mir der Flughafen.

ZEIT: Hatten Sie Angst, in einen der Berge zu fliegen?

Vanhoenacker: Nein, ich fürchtete die Blamage, den Fluglotsen um Hilfe bitten zu müssen. Und den Papierkram, den das nach sich angezogen hätte! Ich habe dann ein Funkfeuer angepeilt und es allein geschafft. Ich sage Ihnen, was mir wirklich Angst macht: die Fahrt zum Flughafen. Dieser völlige deregulierte Straßenverkehr, wo Leute am Steuer Milchshakes trinken und mit der anderen Hand telefonieren.

ZEIT: Zwei Katastrophen der Luftfahrt überschatten Ihren Berufsweg. In dem Jahr, als Sie Ihre Ausbildung begannen, flogen Terroristen ins World Trade Center. Bevor Ihr Buch in den USA erschien, riss ein psychisch kranker deutscher Pilot 150 Menschen mit sich in den Tod.

Vanhoenacker: Das waren schlimme Tragödien, zu denen ich aber nichts sagen darf.

ZEIT: Sie möchten auch gar nicht, oder? Ein Kritiker sagte von Ihrem Buch, er vermisse die Turbulenzen.

Vanhoenacker: Es war nicht mein Ehrgeiz, alle Aspekte der Luftfahrt zu berühren. Ich wollte erzählen, wie Fliegen sich anfühlt und was ich daran so liebe. Im Englischen gibt es diese Redensart, dass jeder ein Buch in sich trägt. Dies ist meines.

ZEIT: Eine heikle Frage muss noch sein: Was ist eigentlich in diesen berühmten Pilotenkoffern?

Vanhoenacker: Möchten Sie mal reinschauen?

ZEIT: Nicht nötig.

Vanhoenacker: Wenn ich Bereitschaftsdienst habe, sind die Sachen bunt zusammengewürfelt. Ich weiß ja nicht, wo es hingeht, ob ich am Zielort Handschuhe oder eine Badehose brauche. Ansonsten trage ich nur das Übliche mit mir herum. Bis auf die Taschenlampe, die ist Vorschrift für die Inspektion. Und einen Bademantel. Den ziehe ich an, wenn ich auf einem Langstreckenflug abgelöst werde und in meiner Koje ein paar Stunden schlafen kann.

ZEIT: Sie haben sich Ihren Traum erfüllt. Träumen Sie trotzdem noch vom Fliegen?

Vanhoenacker: Das kommt wirklich vor. Gerade in der Luft habe ich sehr lebhafte Träume, vermutlich, weil der Schlafrhythmus so unnatürlich ist.

ZEIT: Dürfen Sie von Abstürzen träumen?

Vanhoenacker: Ich schaue mal in die Bestimmungen. (lacht) Ist aber noch nie passiert.

ZEIT: Was war Ihr denkwürdigster Flug?

Vanhoenacker: London–Budapest, vor zwölf Jahren. Im Grunde ein Routineflug, aber wir hatten meinen Vater an Bord. Ich holte ihn vor dem Start kurz ins Cockpit und zeigte ihm die Instrumente, er machte ein Foto von mir. Nach der Landung schrieb ich ins Logbuch: "Ankunft in Budapest, 22.02 Uhr, Dad an Bord." Ich hatte ihn über Belgien, sein Heimatland, geflogen; das werde ich nie vergessen. Eineinhalb Jahre danach ist er gestorben. Seitdem denke ich auf Nachtflügen manchmal, dass er die Welt jetzt gerade so sieht wie ich: so fern und kalt und ahnungslos, dass jemand sie betrachtet.
http://www.zeit.de/2016/06/fliegen-pilot-mark-vanhoenacker/komplettansicht
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CBCR
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BeitragVerfasst am: Fr Jun 17, 2016 7:00 am    Titel: Antworten mit Zitat

Respekt, flapfail, ich bin begeistert.
Wie schaffst Du es eigentlich bei den vielen Beiträgen hier im Forum überhaupt noch, Deine ganze Fliegerflotte durch die Welt zu schaukeln. 24 Stunden im Einsatz oder wie? Das so keine Zeit für die Familie bleibt, ist dann durchaus nachvollziehbar Wink
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flapfail
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Beiträge: 6787
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BeitragVerfasst am: Fr Jun 17, 2016 7:04 am    Titel: Antworten mit Zitat

CBCR hat folgendes geschrieben:
Respekt, flapfail, ich bin begeistert.
Wie schaffst Du es eigentlich bei den vielen Beiträgen hier im Forum überhaupt noch, Deine ganze Fliegerflotte durch die Welt zu schaukeln. 24 Stunden im Einsatz oder wie? Das so keine Zeit für die Familie bleibt, ist dann durchaus nachvollziehbar Wink

Ich fliege Teilzeit Wink
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CBCR
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BeitragVerfasst am: Fr Jun 17, 2016 7:17 am    Titel: Antworten mit Zitat

Das erklärt natürlich alles.
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panic
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Anmeldungsdatum: 27.09.2005
Beiträge: 439

BeitragVerfasst am: Fr Jun 17, 2016 5:05 pm    Titel: Antworten mit Zitat

flapfail hat folgendes geschrieben:

Ich fliege Teilzeit Wink


Ja, Zuhause mit dem FSX ...
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flapfail
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Anmeldungsdatum: 23.03.2008
Beiträge: 6787
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BeitragVerfasst am: Fr Jun 17, 2016 8:05 pm    Titel: Antworten mit Zitat

panic hat folgendes geschrieben:
flapfail hat folgendes geschrieben:

Ich fliege Teilzeit Wink


Ja, Zuhause mit dem FSX ...


Airbus
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Fstx45
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Anmeldungsdatum: 11.05.2012
Beiträge: 245

BeitragVerfasst am: Sa Jun 18, 2016 12:53 pm    Titel: Antworten mit Zitat

flapfail hat folgendes geschrieben:
panic hat folgendes geschrieben:
flapfail hat folgendes geschrieben:

Ich fliege Teilzeit Wink


Ja, Zuhause mit dem FSX ...


Airbus


von Aerosoft
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flapfail
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Anmeldungsdatum: 23.03.2008
Beiträge: 6787
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BeitragVerfasst am: Sa Jun 18, 2016 7:01 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Fstx45 hat folgendes geschrieben:
flapfail hat folgendes geschrieben:
panic hat folgendes geschrieben:
flapfail hat folgendes geschrieben:

Ich fliege Teilzeit Wink


Ja, Zuhause mit dem FSX ...


Airbus


von Aerosoft


nee. Airbus Industries. Laughing
Auf Spielzeug steh ich nicht so. Wink
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CptSolo
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Anmeldungsdatum: 23.07.2015
Beiträge: 363

BeitragVerfasst am: So Jun 19, 2016 6:51 am    Titel: Antworten mit Zitat

Fstx45 hat folgendes geschrieben:
von Aerosoft


Laughing Laughing Laughing
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